Veränderungen und Moral

Veränderungen und Moral

Liebe MiKu-Leser, vor einiger Zeit stand in der Mindener Tageszeitung ein Kommentar, in welchem es um die Menschen in unserer Stadt ging. Sinngemäß las ich dort: „In Minden wird viel genörgelt. Jede und jeder gibt seinen Senf dazu, obwohl er nicht gefragt wurde. Minden ist eine Stadt voller Nörgler.“ Okay, damit gehöre ich ebenso dazu. Auch ich schreibe hier in meiner Kolumne über Minden und gebe somit meinen Kommentar zu vielen Dingen in Minden, die mir aufgefallen sind. Die ich gut oder schlecht finde. Wo ich meine, es müssten Veränderungen erfolgen oder es ist etwas moralisch nicht in Ordnung. Nur, das frage ich mich ebenso, kann meine Kolumne etwas ändern?

Um Verhalten dauerhaft zu ändern brauchen wir gefühlsmäßige Erfahrungen. Etwas muss sich in unseren Herzen bewegen, nicht nur im Kopf. Logik allein wird niemals Verhalten ändern. Wir benötigen das Aha-Erlebnis. Und einer der besten Wege, eine emotionale Erfahrung zu schaffen, sind Geschichten. Also auch diese Kolumne? Vielleicht! Ich bekam vor einiger Zeit einen Anruf einer Mindenerin und sie bat mich über eine bestimmte Angelegenheit zu schreiben. Es würde nicht richtig sein, was man in der Zeitung darüber lesen würde. Sie bat mich zu einem Gespräch und ich nahm dieses Angebot an. Ich bekam Hintergrundinformationen und schrieb darüber. Und es setzte einiges in Bewegung, denn auch moralisch war nicht alles einwandfrei, was bisher geschehen war. Heute möchte ich Ihnen darum einmal von einer Akademikerin erzählen, die auf einem Symposium zum Thema Wirtschaftsethik sprach. Sie erklärte anhand einer Geschichte, was Ethik ist. Sie sagte:

„In einem Dorf gibt es 100 Bauern, die vereinbart haben, dass jeder täglich eine Kuh auf die Almwiesen schicken darf. Das funktioniert sehr gut über einen längeren Zeitraum. Eines Tages sieht ein Bauer, wie sein Nachbar nicht nur eine Kuh, sondern zwei Kühe in die vorbeiziehende Herde schiebt. Er traut seinen Augen nicht, möchte aber ganz sicher gehen. Also steht er am nächsten Morgen um dieselbe Zweit wieder am Fenster und siehe da: Wiederum sind es zwei Kühe, die der Nachbar aus dem Stall lässt. Der Bauer ist empört, aber nicht lange. Sehr bald nämlich kommt ihm eine Idee: „Wenn das mit zwei Kühen bisher bei meinem Nachbarn gutgegangen ist, dann wird es sicher auch nichts ausmachen, wenn ich täglich eine zweite Kuh auf die Almwiese schicke“. Gedacht, getan – und so sind es nun 102 Kühe, die dieselbe Futtermenge beanspruchen.

Natürlich blieb das nicht lange unbemerkt, und jede Woche gibt es mehr Kühe auf der Weide, die für 100 von ihnen reichlich Nahrung spendete, aber für 120, 130 oder gar 150 jedoch nicht mehr brauchbar ist. Und so bricht nach einer gewissen Zeit ein System zusammen, dessen Basis Anständigkeit, Ehrlichkeit und Vertrauen waren. „Ethik, meine Damen und Herren“, kam die Rednerin zum Schluss ihrer Ausführungen, „ist also ganz einfach: Es ist nicht die Menge der Kühe, die die Alm ruiniert, sondern die 101. Kuh. Ein einzelner, der das System unterwandert, genügt, um es zusammenbrechen zu lassen“.

Liebe MiKu-Leser, so ist das auch in Minden. Wir haben keine Almwiesen und auch keine Kühe, die jeden Morgen durch die Stadt ziehen. Aber wir müssen für unsere Stadt ethisch handeln, korrekt handeln. Und nicht mit Tricksereien versuchen, das durchzusetzen, was einige Wenige sich ausgedacht haben. Nicht Menschen unter Druck setzen, Dinge zu tun, die sie nicht wollen. Veränderungen müssen korrekt vorgenommen werden, sonst platzt eines Tages alles wie eine Seifenblase auseinander und die Moral bleibt auf der Strecke. Es gibt keine große Lösung, es gibt keine kleine Lösung, es gibt gar keine Lösung.